Meine Lieben,
heute mal in – meiner geliebten – Briefform. Finde ich pers�nlicher und schlie�lich kenne ich Euch – meine liebens-werten Leser*innen ja fast alle pers�nlich.
Nach mehreren Anl�ufen, die sich �ber viele Jahre hinweg erstreckten, habe ich nun schlie�- und endlich mein Online-Banking eingerichtet. Denn, was meine liebens-werten Leser*innen noch nicht alle wissen: es gibt eine gute Nachricht! Ich habe vor einiger Zeit den Bescheid bekommen, wieder – wie fr�her auch – ein Grundeinkommen in Form einer Rente f�r Menschen mit einer gewissen Erwerbsminderung zu bekommen. Nat�rlich h�tte ich viel lieber erreicht, dass alle Menschen, wenn nicht ein ganz bedinungsloses, aber dann wenigstens ein an wenige ertr�gliche Bedingungen gekn�pftes Grundeinkommen erhalten. Das ist mir leider nicht gegl�ckt. Traurig traurig. Aber wenigstens konnte ich daf�r sorgen, dass ich die n�chste Zeit wie andere Menschen auch eine Miete zahlen kann, die gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, auch wenn mir das alles nicht gef�llt, weil ich die sieben Jahre wunderbar auch ohne gelebt habe und mir auch mal was Biologisches zu essen kaufen kann. Denn nach dem Bioscan-Ger�t von Robert Franz ist mein K�rper nach all den Jahren des Zuf�hrens von freeganen Lebensmitteln mitlerweile leider pestizidverseucht. Wahrscheinlich ist das nicht der einzige K�rper auf dieser Welt, dem es so geht, von daher lohnt es sich f�r eine Welt ohne Pestizide einzustehene ;).
Jetzt konnte ich nach mehr als einem halben Jahr, in dem ich jeden Monat brav drei �berweisungen t�tigte: f�r Miete, Strom und Krankenversicherung, eine Anfang des Monats, zwei Mitte des Monats – hechel, hechel – allmonatlich zu leistenden Ausgaben – endlich einen Dauerauftrag ausstellen. Nun bin ich ein gl�cklicher Mensch! Nein wirklich, nachdem ich jahrelang keine einzige Rechnung zu bezahlen hatte und auch keinen Termin in meinen nicht vorhandenen Terminkalender schreiben brauchte, ist das alles f�r mich (zwar altbekanntes, aber dennoch) wieder Neuland. Es ist schon fast so, als ginge es darum, verlorenes Land zur�ckzuerobern. Das schaffen wir doch glatt! Zum Gl�ck bin ich auch nicht mehr antrags- und papiertraumatisiert, was in meinem Leben auch schon mal vorkam. Da wollte ich von Antr�gen und Papieren nichts mehr wissen. Jetzt kann ich inzwischen Antr�ge mit spielender Leichtigkeit wieder ausf�llen, sie an den entsprechenden Stellen abgeben, meinen Mitwirkungspflichten nachkommen und dann entsprechende Schritte unternehmen, um meine Anspr�che geltend zu machen. Oder kl�rende Gespr�che f�hren, um zu erfahren, dass ich kein Anrecht auf dies oder jenes habe. F�r mich ein gro�er, aber ent-scheidender und not-wendender Schritt. Ich sag das deshalb, weil ich vor circa einem dreiviertel Jahr mit einem Traum aufgewacht bin, bei dem ich bettelnd auf der Stra�e sa�. Ich wei� nicht, ob Ihr wisst, was das hei�t. Es gibt viele Menschen, die Angst davor haben, unter der Br�cke schlafen zu m�ssen und zu betteln. Ich habe zwar das gelebt, wovor viele Menschen Angst haben: ohne Wohnung, ohne Arbeit und weitgehend ohne beziehungsweise mit wenig Geld. Aber: ich hatte immer unglaublich viel Fun bei meiner Art zu leben. War die letzten Jahre immer eingeladen. Es war alles eine gro�e Freude und ein gro�es Gl�ck, was ich ja auch immer in diesem blog habe weitergeben wollen. Doch als n�chste Stufe unterhalb derer, auf der ich stand jetzt bettelnd auf der Stra�e zu sitzen, dazu hatte ich doch keinen Bock wie man auf neudeutsch so sch�n sagt. Da musste ich mir etwas anderes �berlegen. Und das war, das Geld anzunehmen, auf das ich per Recht und Gesetz mir irgendwann einmal in meinem Leben ein Anrecht erworben hatte, weil ich fr�her brav zur Arbeit gegangen bin wie andere Menschen auch. Bis es mich einmal mit Burnout und anderem Pipapo gebeutelt hatte.
Es war dann nat�rlich so, dass ich eigentlich – wie schon so oft in meinem Leben� auch – all meine Anrechte verloren hatte, da ich ja die letzten Jahre nicht drei von f�nf Jahren gearbeitet hatte. Da verliert man seine Rechte. Aber: ich habe mich nicht entmutigen lassen. Denn drei Leute wiederum erz�hlten mir, dass sie ihre Rente dauerhaft bis zum Eintritt der Altersrente bekommen h�tten und daran hielt ich mich. Ans Positive. Fr�her war diese Rente bei meiner Wenigkeit n�mlich immer befristet gewesen, mal f�r ein Jahr, mal f�r eineinhalb Jahre und mal f�r zwei Jahre. Da die Untersuchungen f�r mich so schrecklich waren, wollte ich alles, nur das nicht mehr erleben. Deshalb habe ich so gelebt wie ich gelebt habe. Lieber nichts haben, aber nicht zu diesen schrecklichen Untersuchungen hingehen m�ssen. So war mein Motto. Ich lebte frei und gl�cklich, aber auch, weil ich noch Geld hatte, auch wenn ich sowenig wie m�glich ausgab. Doch das wurde immer weniger. Und insgesamt war mein Leben ja ein Zuschussbetrieb. Da nichts reinkam und doch was rausging, ging die Rechnung eigentlich nicht auf.
Auf jeden Fall war das alles sehr spannend, denn ich wusste bis kurz vor dem Untersuchungstermin nicht, ob ich da wirklich hingehen w�rde. Mir erz�hlte noch eine Helferin, die ich beim Sommerfest einer Hilfseinrichtung f�r behinderte Menschen traf, wie schlimm die Untersuchung bei demselben Tr�ger und derselben Gutachterin f�r sie war und dass sie dabei innerlich total zusammengebrochen sei. Ich wusste beim besten Willen nicht, ob ich mir das antun sollte.
Die Kraft des Gebets
Vor dem Termin konnte ich nicht richtig schlafen und betete immer wieder, dass mir so etwas erspart bleiben d�rfe. Und siehe da: meine Gebete wurden erh�hrt. Die Gutachterin war total nett und freundlich und in keinster Weise verletzend. Es ging ja darum nachzuweisen, dass ich all die Jahre erwerbsgemindert war. Ich hielt ihr die Aufstellungen unter die Nase, wie viel ich f�r was in den Monaten im Jahre 2014 und 2015 ausgegeben hatte. Im Jahre 2014 waren das im Monatsdurchschnitt 150 Euro und im Jahre 2015 75 Euro. Sie sagte sofort, ich solle� alles wieder einpacken, sie wolle gar nichts mehr sehen, ich bek�me meine Rente! Da sie nicht alleine entscheidet, wartete ich noch den tats�chlichen Bescheid ab und der war positiv! Die ganze n�chste Woche war ich mit fast all meinen Freund*innen und Bekannten am Feiern. Ich fuhr in den n�chsten Bioladen und machte einen Gro�einkauf f�rs n�chste Fest. Nach neun Jahren hatte ich nun nicht nur meine Wohnungslosigkeit, sondern auch meine Einkommenslosigkeit beendet. Ich f�hlte mich pl�tzlich auch wie ein ganz anderer Mensch. Irgendwie ges�nder, kr�ftiger und vitaler.
Nicht zu wissen wie ich meine Miete zahlen sollte, raubte mir vorher doch ziemlich viel Kraft und fast auch den letzten Nerv. Das war nun vorbei. Was f�r eine Freude! Was f�r eine Erleichterung! So lernte ich, dass Gott nicht nur f�r uns sorgt, wenn wir in Not sind, sondern dass er auch innerhalb des Systems f�r uns wirken kann, wenn wir ihn darum bitten. Das war f�r mich eine neue Erfahrung.
Dass ich den Weg so zur�ck in das System wieder gegangen bin, hatte auch damit zu tun, dass ich gemerkt habe, dass ich mich so weit von anderen Menschen und deren Lebenswirklichkeit entfernt hatte, dass ich keinerlei Impakt mehr auf das System und die Gesellschaft hatte. Wenn man keine Wohnung hat, ist man schlichtweg nicht anerkannt. Es gab dann so ein Schl�sselerlebnis von einer Frau, die �hnlich lebte wie ich, in einem Bauwagen. Es war Winter und sie erz�hlte mir, wie gl�cklich sie sei, dass sie au�erhalb des Systems lebte und sie wollte gar nicht ins System zur�ck. Als ich sie dann fragte, ob sie meine Telefonnummer aufschreiben wolle meinte sie, das w�re zu aufwendig an ihren Bleistift ranzukommen, der sei irgendwie weiter weg und da m�sse sie aufstehen, sie sei krank und es sei kalt, sprich dazu habe sie keine Lust. Da fragte ich mich: stimmt das alles, was sie sagt und stimmt das noch f�r mich? Will ich wirklich weiterhin total au�erhalb des Systems leben in st�ndiger Angst, dass sie mir an den Karren fahren, weil ich keine Krankenversicherung habe und dies nicht und das nicht? Will ich das noch? Oder sage ich mir lieber, okay, danke f�r die unglaublich interessante und spannende Zeit, die ich hatte, in der mich Gott und mein Glaube� weitgehend durchs Leben getragen haben, aber jetzt ist Zeit f�r etwas anderes. Jetzt nehme ich einfach mal das an, was mir zusteht. Dankend selbstverst�ndlich. Das ist auch mal heilsam. Unglaublich heilsam.
Gemeinschaften-Festival
Letzte Woche realisierte sich dann auch noch so ein Traum, den ich vor unz�hligen Jahren schon mal hatte: zum Gemeinschaften-Festival zu gehen. Das fand all die Jahre zweimal im Jahr statt. Schon im Dezember hatte ich geschaut, ob ich da nicht hingehen k�nne, aber mangels n�tigem Kleingeld und noch aus anderen Gr�nden hatte ich mich dagegen entschieden. Diesmal fragte ich auch kurz vor dem Festival an und da es mir wieder etwas zu teuer war und sie keine Helfer*innenpl�tze mehr frei hatten, sagte ich ab. Doch dann kam eine Einladung, mitzuhelfen, da einige Helfer*innen abgesprungen seien und da �berlegte ich nicht lange und fuhr einfach hin. Eine Mitfahrgelegenheit, die ich in der Nacht rausgesucht hatte meldete sich bis zum anberaumten Zeitpunkt zwanzig Minuten vor Abfahrt nicht, aber ich war zum genannten Treffpunkt gegangen. Ein Freund hatte mir erz�hlt, dass er von dort manchmal wegtrampe und nach fast einer Stunde war ich erfolgreich und eine Frau nahm mich mit. Leider setzte sie mich auf einer Schnellstra�e an der Autobahnauffahrt ab, wo ich gar nicht stehen durfte. Die Autos kamen angerauscht und die Polizei kam auch gleich vorbeigefahren mit Handzeichen, dass ich hier nicht stehen d�rfe. Also �ber die Leitplanke und die B�schung runter, die den Spuren nach auch schon jemand vor mir gegangen war. Dann den Weg zur Rastst�tte, die nicht allzuweit entfernt war. Von dort war ich schon �fters weg getrampt.� und auch jetzt nahm mich gleich einer mit mit holl�ndischem Kennzeichen. Das ist �u�erst ungew�hnlich. In meiner gesamten Trampzeit hat mich nur einmal ein Auto mit holl�ndischem Kennzeichen mitgenommen. Es kam heraus, dass er gar kein Holl�nder bzw. Niederl�nder war, sondern Rum�ne. Und: er fuhr relativ in die N�he wo ich hinwollte, nur etwa 35 Kilometer entfernt. Und diese 35 Kilometer nahm mich eine Frau wiederum mit gelbem Nummernschild mit, diesmal aus Luxemburg. Ich hatte sie im Gegensatz zu den vielen anderen Leuten an der Tankstelle gar nicht gefragt. Sie fragte mich von sich aus und war bereit, die Strecke f�r mich zu fahren, obwohl sie da im Moment gar nicht hinwollte. „Jeden Tag eine gute Tat“, sagte sie als ich einstieg. „Ich war fr�her J�gerin. Aber heute gibt es gar nicht mehr viele richtige J�ger. Die schie�en heute alles wahllos ab. Das ist schrecklich“, erz�hlte sie. Und als ich von einer Freundin Mitte Siebzig sprach, meinte sie, da w�re sie zw�lf Jahre �lter. „Fr�her bin ich Rallyes gefahren. Ich war mit einem Luxemburger verheiratet.“ Eine wirklich interessante Pers�nlichkeit.
Nur manchmal -� oder immer?
Ich wurde dann sehr nett auf dem Festival empfangen, das zwei Tage vorher begonnen hatte. Als ich irgendjemand von meinen Leben erz�hlte, sagte die Person ganz richtig: „Das kann man mal ne zeitlang machen“. Ja, das war mein Gef�hl auch. Da waren auch andere digitale Nomaden und andere (Welt)Reisende. Einer davon stellte sich mir mit „Ich bin ein Wanderer zwischen den Welten“ vor. Der Begriff blieb in meinem Kopf h�ngen. Ja, als Wanderer zwischen den Welten� f�hlte ich mich auch. Ich traf eine Frau, die mit mir in der selben Samba-Gruppe spielte, in der ich seit Kurzem mitspielte. Und eine, bei der ich vor vielen Jahren mal am Bodensee �bernachtet hatte. Sie fuhr mich dann nach Hause und blieb noch zwei N�chte bei mir. Ihr Hund plantschte dabei in jedem Brunnen, als wir durch die Stadt gingen. So lebte die Gemeinschaft vom Festival her noch ein wenig fort. Es waren sehr erf�llende Tage und ich freue mich, dass ich es gemacht habe. Es war ein so lange gehegter Traum, der einfach in Erf�llung ging. Manchmal lohnt es sich, etwas Zeit und Geld zu investieren, um unsere Tr�ume Wirklichkeit werden zu lassen. Nur manchmal -� oder immer?
Der blockierte K�nstler
Ich stellte auch fest, dass ich blockiert bin. Der blockierte K�nstler/ die blockierte K�nstlerin. Ich fragte mich, was kann ich tun, um meine Blockade aufzul�sen?� Es kommt ja angeblich nur darauf an, die richtigen Fragen zu stellen. Das hier ist das Resultat.
Es gr��t Euch zu den Sternschnuppenn�chten
Eure Michelle